
Bildunterschrift: Marlies Trapp, Leiterin der Beratungsstelle für Suchtfragen, stellte den Jahresbericht 2022 vor.
Hückelhoven. „Wir sind personell absolut am Anschlag.“ Diese stellte Marlies Trapp, Leiterin der Beratungsstelle für Suchtfragen in Hückelhoven in Trägerschaft des Caritasverbandes für die Region Heinsberg in Kooperation mit dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises Jülich bei der Vorstellung des Jahresberichts 2022 fest. Und dass, obwohl im April mit Darleen Schäfler eine neue Kollegin hinzukam und sich die Situation entspannte. Was niemand wusste, dass kurze Zeit später es eine lang-zeiterkrankte Kollegin gab. Dies bedeutet, dass all diejenigen, die nach dem Erstzugang über die offene Sprechstunde dienstags von 16 bis 19 Uhr und donnerstags von 9 bis 12 Uhr und dem damit verbundenen Erstgespräch, sich entschieden haben, in eine regelmäßige Beratung einzusteigen, auf eine Warteliste kom-men.
Diese Situation ist aber durchaus auch positiv zu werten, zeigt es doch, dass die Beratungsstelle zahlenmäßig mit 575 Personen, von denen 460 wegen einer eigenen Suchtmittelproblematik kamen, an die Vor-Coronazeit anknüpft. „Die meisten davon insgesamt 211 kamen wegen einer Alkoholproblematik“, so Trapp. Nach wie vor sei Alkohol das Hauptproblem in unserer Gesellschaft und damit das Hauptsuchtmittel Nummer eins. So würden jedes Jahr in Deutschland 40000 Menschen an Alkoholfolgeerkrankungen sterben. An der zweiten Stelle der Diagnosen steht Cannabis. 2022 nahmen 99 Betroffene deswegen Kontakt zur Beratungsstelle auf. „Wenn Cannabis legalisiert wird, gehe ich nicht davon aus, dass sich dieser Anteil reduzieren wird“, sagte Marlies Trapp. Anders als in den beiden Vorjahren, wandten sich vermehrt Eltern wegen ihres Drogen oder Alkohol konsumierenden Kindes an die Beratungsstelle, gefolgt von Partnern, die zuvor die größte Gruppe innerhalb der Angehörigen darstellten.
Für sie gebe es mit der von einer Fachkraft geleiteten Elterngruppe, die sich 14tägig dienstags trifft, ein eigenes kostenloses Angebot. „Es ist wichtig, den Eltern Unterstützung zu geben“, erklärte die Leiterin. Das Konzept der Beratung sei darauf aufgebaut, wie Eltern wieder Freude haben können und wie sie ihr Leben weglenken von ihrem Drogen konsumierenden Kind. „Eltern können ihre Kinder nicht retten. Sie können nur helfen, Weichen zu stellen.“ So lange der Jugendliche bzw. junge Erwachsene selber sein Verhalten nicht ändern wolle, sei man machtlos. „Wir vermitteln, dass man als Eltern nichts Falsches gemacht, sondern das Beste, wie es möglich war, gegeben hat.“ Umgekehrt würden aber auch Eltern, Mütter oder Väter, die suchtkrank sind, einen bedeutsamen Anteil im ambulanten Suchthilfesystem ausmachen. Suchterkrankungen eines oder beider Elternteile hätten Einfluss auf die Entwicklung der Kinder. Kinder aus suchtbelasteten Elternhäusern hätten ein sechsfach erhöhtes Risiko später selbst suchtkrank zu werden. Deshalb nehme die Beratungsstelle die ganze Familie in den Blick und biete passgenaue Hilfen an, stellte Marlies Trapp heraus. Im Jahr 2022 habe es 91 minderjährige Kinder in den Haushalten der Klienten der Beratungsstellen, von denen mindestens ein Elternteil suchtkrank gewesen sei, gegeben. Für Eltern bzw. Mütter oder Väter kleiner Kinder, die Alkohol bzw. Drogen konsumieren, biete die Suchtberatungsstelle montags von 10 bis 11.30 Uhr ein von zwei Fachkräften geleitetes Training, in dem noch Plätze frei seien. Der überwiegende Teil der Arbeit findet mit den Eltern statt. So werden die Auswirkungen des Drogenkonsums auf die Beziehung zu den Kindern erarbeitet, Ressourcen bezüglich Erziehung, Konsequenz und Regeln gestärkt. Hinzu kommen Termine mit den Kindern wie gemeinsames Spielen, Freizeitaktivitäten und Ausflüge.
„Die Eltern können entscheiden, wie lange sie teilhaben möchten“, sagte Marlies Trapp. Ursprünglich sei das Elterntraining ein Angebot für Elternteile gewesen, die eine stabile Abstinenz aufwiesen. Nun jedoch könnten auch Elternteile mit einer Punktabstinenz teilnehmen, die am Veranstaltungstag „clean“ sind und das Ziel haben, abstinent zu werden. Ein schöner Nebeneffekt sei es, dass durch die Teilnahme an der Gruppe mehrere Elternteile motiviert wurden, in eine Therapie zu gehen.
Da es sich um ein Projekt handelt, ist die Finanzierung nur bis Ende des Jahres gesichert. „Wir versuchen aus dem Projektstatus herauszukommen, um diese wichtige Arbeit fortführen zu können“, so Trapp. Daneben bietet die Beratungsstelle noch viele weitere Angebote wie die Ambulante Rehabilitation Sucht, die Angehörigengruppe und die aufsuchende Sozialarbeit in der JVA Heinsberg – und das alles mit den engen personellen Ressourcen. Und für all die, die erst, einmal ganz anonym bleiben wollen, wenn sie sich an die Suchtberatungsstelle wenden, für die gibt es die kostenfreie Onlineberatung über eine gesicherte Plattform. „Wir wollen diese Beratung zusätzlich als Erstzugang etablieren“, stellte Marlies Trapp heraus.
Info:
Die Offenen Sprechstunden der Beratungsstelle für Suchtfragen finden dienstags von 16 bis 19 Uhr und donnerstags von 9 bis 12 Uhr statt. Über den gesicherten Zugang https://beratung.caritas.de/registration?aid=2410 oder über www.caritas.de (roter Button: Online-Beratung) ist eine Onlineberatung möglich. Kontakt: Beratungsstelle für Suchtfragen im Haus der Caritas, Dinstühlerstraße 29 in Hückelhoven, Telefon 02433-98145200, Fax 02433/98145209, E-Mail:
Text: Eva Weingärtner / PM Caritasverband für die Region Heinsberg e.V.